Der Goldpreis ist vor der Wahl von Donald Trump auf ein Rekordhoch gestiegen. Das lockt illegale Goldgräber unter Tage. Südafrika geht nun so hart gegen sie vor wie nie.
Es ist ein absurdes Belagerungsszenario, das sich seit zwei Wochen in Südafrikas Kleinstadt Stilfontein abspielt. Dutzende Polizisten belagern im Schichtdienst klaffende Zugangslöcher eines stillgelegten Bergwerks. Unter Tage befinden sich Hunderte illegale Goldgräber, einige Schätzungen gehen von über 4000 aus.
Die meisten Goldgräber harren weiter aus, um ihrer Verhaftung zu entgehen. Dabei hatte die Polizei im Zuge der Operation «Schliesst das Loch» zunächst die Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser abgeschnitten, eine Ministerin drohte gar offen mit einer «Ausräucherung». Es klang wie eine Kriegserklärung.
Erst als die Proteste der Zivilgesellschaft lauter wurden und zudem ein toter Goldgräber geborgen wurde, liessen die Beamten Anwohner passieren, die vereinzelt Lebensmittel und Wasser unter Tage brachten. Den Zugang für die Versorgung mit Nahrung hat vor einer Woche auch ein Gericht angeordnet. Eine Polizeisprecherin teilte mit, man nehme das zur Kenntnis, aber man werde weiterhin an den Ausgängen warten und an den Verhaftungen festhalten.
Der Vorgang offenbart eine kaum zu kontrollierende Parallelwelt in Südafrika. 30 000 illegale Bergleute, die nach Gold und anderen Mineralien graben, gibt es in Südafrika, genannt werden sie «Zama Zamas». Die Regierung geht in diesem Jahr so entschieden gegen sie vor wie nie zuvor, dafür wurden unter anderem 3300 Soldaten abgestellt.
Die Reserven sind erschöpft
Bis in die 1970er Jahre war Südafrika der wichtigste Goldproduzent der Welt. Doch die einst unendlich erscheinenden Reserven sind zunehmend erschöpft. 6000 Bergwerke wurden stillgelegt.
Kommerzielle Förderung lohnt sich dort nicht mehr, aber Reste des Goldrausches gibt es noch. Sie locken weiter in die Tiefe, zumal der Goldpreis im Vorfeld der US-Wahlen auf ein Rekordhoch von fast 2800 Dollar pro Feinunze gestiegen war.
In den vergangenen Tagen sank er zwar wieder deutlich, das Edelmetall liegt aber im Vergleich zum Jahresbeginn weiterhin rund 24 Prozent im Plus. Global gesehen, so schätzt das Umweltprogramm der Vereinten Nationen zusammen mit Interpol, haben die jährlich illegal abgebauten und gehandelten Mineralien einen Wert von bis zu 48 Milliarden Dollar.
Die meisten Zama Zamas sind mittellose Migranten aus Nachbarländern wie Lesotho, Simbabwe und Moçambique. Doch auch der Anteil der Südafrikaner wächst. Seit der African National Congress (ANC) nach seinen desaströsen Verlusten bei den Wahlen im Mai auf eine Koalition mit der liberalen Democratic Alliance (DA) angewiesen ist, ist die Arbeitslosenquote zwar beachtlich gesunken. Doch mit 32 Prozent gehört sie weiter zu den höchsten weltweit. Und in vielen Bergwerken gab es zuletzt Massenentlassungen. Die Betroffenen sehen oft keine andere Erwerbsmöglichkeit, als ihr Handwerk informell fortzuführen.
Für das harte Vorgehen der Polizei, das in diesem Jahr in vielen Bergbaugegenden Südafrikas zu beobachten ist, gibt es zumindest auf den ersten Blick gute Gründe. Schwerbewaffnete Syndikate liefern sich tödliche Konkurrenzkämpfe um die lukrativsten Schächte. Auch in aktive Bergwerke dringen sie vor, dort gibt es immer wieder Schusswechsel mit den Sicherheitsleuten.
Die unkontrollierten Sprengungen unter Tage, mit denen die Zama Zamas an die winzigen Goldkörner zu kommen versuchen, sorgen für riesige Schäden. Laut offiziellen Statistiken kommen jährlich über hundert Goldgräber wegen einstürzender Schächte und Vergiftungen ums Leben. Immer wieder sinken wegen der Sprengungen zudem ganze Strassenabschnitte ab. Und auch die Schäden für die Umwelt sind enorm.
Kritik am Vorgehen der Polizei
In den sozialen Netzwerken befürworten viele Nutzer die harte Strategie der Polizei. David van Wyk von der südafrikanischen Bürgerrechtsorganisation Bench Marks Foundation beurteilt den Einsatz hingegen kritisch. «So brutal ist die Polizei in der demokratischen Geschichte Südafrikas noch nie gegen Zama Zamas vorgegangen», sagt er. Die Strategie der Polizei, weder Wasser noch Essen in die Schächte bringen zu lassen, sei «klar verfassungswidrig».
Van Wyk hält den Einsatz für Populismus, mit dem der ANC auf seine Stimmenverluste bei den Wahlen reagiere. Er erkennt «eine gehörige Portion Fremdenfeindlichkeit», mit der man auf Stimmenfang gehe. Schliesslich seien die meisten Zama Zamas Migranten aus dem südlichen Afrika, gegen die generell im Land Stimmung gemacht werde. Die meisten von ihnen seien schlecht bezahlte Handlanger, einflussreiche Drahtzieher verschone man dagegen.
Auch die Bergbaukonzerne würden nicht zur Verantwortung gezogen, sagt van Wyk. Sie seien nach dem Ende der Förderung gesetzlich verpflichtet, die Schächte so zu versiegeln, dass ein unrechtmässiger Zugang unmöglich werde. Das finde aber oft nicht statt. Strafen für Firmen, die ihrer Verpflichtung nicht nachkämen, gebe es nicht. Genauso wenig wie eine staatliche Strategie, in Gegenden mit schwindenden Rohstoffreserven alternative Erwerbsmöglichkeiten zu schaffen. «Stilfontein ist eine sterbende Stadt», sagt van Wyk, «und davon gibt es viele.»
An ein Ende der versteckten Schufterei unter Tage glaubt in Südafrika kaum jemand. Darauf deutet schon der Name hin. «Zama Zama» bedeutet in der Sprache der Zulu so viel wie «Probiere es weiter».