Fachgruppe Finanzdienstleister. Lernen Sie verstehen, wie politische Entwicklungen, Inflationsdynamiken und geldpolitische Entscheidungen die Finanzmärkte prägen und unsere Anlagestrategien beeinflussen.
Mit der Veranstaltungsreihe „F+ Geld verstehen“, möchte die „Presse“ gemeinsam mit der Fachgruppe Finanzdienstleister der WKW einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung des Niveaus der Finanzbildung beitragen. In der ersten Ausgabe im Jahr 2025 drehte sich alles um das Motto: „Politik, Inflation, Zinsen und die Rückkehr von Trump“. Im Mittelpunkt standen die Fragen, wie politische Entwicklungen die Finanzmärkte beeinflussen, was die Inflation für unsere Kaufkraft bedeutet und welche Rolle die Zentralbanken mit ihrer Geldpolitik auf Zinsen und die wirtschaftliche Entwicklung haben.
Eva Komarek von der „Presse“ diskutierte mit Monika Rosen, Börsenexpertin und Vizepräsidentin Österreichisch-Amerikanische Gesellschaft, Birgit Niessner, Hauptabteilungsleiter der Abteilung Volkswirtschaft der OeNB, und Eric Samuiloff, Fachgruppenobmann Fachgruppe Finanzdienstleister der WKW.
Nachdem Monika Rosen in ihrem Vortrag dem Publikum einen Einblick in den Zusammenhang von Politik und Finanzmärkten gab, wurde das Thema vertiefend diskutiert. Zentral war dabei die zweite Präsidentschaft von Donald Trump und die erwarteten Auswirkungen seiner Handlungen auf die Börsen. Die Hauptsorge der Finanzmärkte sind Zölle und Inflation. „Was will Trump mit den Zöllen bewirken und wie wirken sich die Zölle auf die Inflation aus?“, fragte Komarek in die Expertenrunde. „Trump will Zugeständnisse erreichen“, sagte Rosen und nannte ein Beispiel: „Ab dem Zeitpunkt, in dem Kolumbien ankündigte, illegale Einwanderer aus den USA zurückzunehmen, hat Trump die angedrohten Zölle wieder abgeblasen.“ Ein weiteres Ziel des US-Präsidenten ist, klassische Produktionsjobs wieder ins Land zurückzuholen. „Vor allem in den Swing States haben viele Menschen für Trump gestimmt, weil sie sich von ihm Arbeitsplätze erwarten.“ Es wird sich zeigen, wie ernst man Trump nehmen können wird. „Wenn Trump Maßnahmen ankündigt und die Wirtschaft einlenkt, aber dann die Maßnahmen doch nicht kommen, bringt ihm das Kritik ein“, so Rosen. Mit den ersten Kurskorrekturen kühlt die überschwängliche ‚Verliebtheit‘ des Marktes in Trump ab. Das andere Dilemma: Wenn die angekündigten Zölle tatsächlich kommen, die Unternehmen das aber nicht absorbieren können, sondern die Mehrkosten auf die Verkaufspreise draufschlagen müssen, bedeutet das eine Befeuerung der Inflation. Genau diese Unsicherheit sei Gift für die Wirtschaft. „Trump will damit Macht zeigen, aber für die Gesamtwirtschaft ist es schwer, sich auf diesen Zick-Zack-Kurs einzustellen“, sagte Samuiloff und nannte es schlichtweg kein gutes Spiel, das Trump betreibe.
Auch Niessner kritisierte das Vorgehen des US-Präsidenten und zeigte auf, wie sich Zölle auf die Inflation und das Wirtschaftswachstum auswirken können. „Wir haben eine Simulation zum Amtsantritt von Donald Trump durchgeführt, die voraussetzt, dass die angekündigten Zölle (60 Prozent auf chinesische Importe, jeweils zehn Prozent auf Importe aus dem Rest der Welt) umgesetzt werden. Die Folge wäre ein Eigentor für die amerikanische Wirtschaft.“ Die Simulation zeigt, dass die Importe, die mit höheren Zöllen belegt sind, sich in höherer Inflation und niedrigerem Wachstum – vor allem in den USA – niederschlagen. Die Prognosen sagen für die USA bei den genannten Zöllen ein niedrigeres Wachstum um 1,8 Prozentpunkte voraus. In Europa ist das Wachstum um 0,8 Prozentpunkte geringer. „Europa würde die Maßnahmen somit auch zu spüren bekommen, vor allem bei weniger Export, aber nicht so stark wie die Amerikaner“, erklärte Niessner. Rosen gab jedoch zu Bedenken: „Es stimmt, dass es der amerikanischen Wirtschaft mehr schaden würde als unserer, aber die Amerikaner können die niedrigere Wachstumsquote besser wegstecken. Europa ist mit minus 0,8 Prozentpunkten näher an der Rezession als die Amerikaner.“

Die Vermögensberater Oliver Walla und Christian Schuller standen für Finanzgespräche zur Verfügung. Roland Rudolph
Samuiloff nannte noch einen weiteren Vorteil der Amerikaner: „In den USA sind die Entstehungskosten für Energie niedriger.“ Gleichzeitig betonte der Experte, dass die Kerninflation das nicht abbildet, aber für die Wirtschaft ist eine energieintensive Produktion ein Problem. „Die Energiekosten treiben die Preise der Produkte nach oben.“
Umso erstaunlicher ist, dass die EU-Aktien gegenwärtig gut performen. Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass Europa im Vorjahr einen großen Performancerückstand gegenüber den USA verzeichnete, sodass es nahezu zu einer Ausverkaufsstimmung kam. Andererseits profitiert Europa von der aktuellen KI-Verunsicherung der Amerikaner angesichts DeepSeek. Das chinesische Start-up wird in Silicon Valley als echte Konkurrenz wahrgenommen. Europa hat kaum KI und deutlich weniger Tech als die USA und dadurch wirkt sich diese Verunsicherung nicht auf die EU-Aktien aus. Die Experten gehen daher davon aus, dass die gute Performance eher als Momentaufnahme zu sehen ist.
Inflationsziel: 2 Prozent
Eine Niedrigzinsphase, wie es sie vor wenigen Jahren noch gab, wird in Europa so schnell nicht wieder zurückkehren. Stattdessen sollte man sich laut Expertin Rosen darauf einstellen, dass das aktuelle Zinsniveau das ‚neue Normal‘ ist. Niessner ist der Meinung, dass es vor allem eine strukturelle Veränderung benötigt, um die Wirtschaft anzukurbeln. „Die Wachstumsprobleme Europas müssen strukturell gelöst werden. Es braucht zum Beispiel einen Kapitalmarkt, in dem wir begabte Scale-ups fördern und verhindern, dass diese Talente in die USA abwandern. Wir brauchen vor allem eine Wirtschaft, in der investiert wird und neue Ideen umgesetzt werden.“
Heuer hat die EZB die Zinsen schon einmal gesenkt. Die Prognose von Monika Rosen: In der Eurozone gibt es bis zum Sommer noch drei weitere Zinssenkungen um jeweils 25 Basispunkte. In den USA rechnet man hingegen nur mit ein bis zwei Zinssenkungen. Spannend wird in jedem Fall, wie Donald Trump mit der FED agiert. „Setzt man die FED unter Druck, dann ist das ein ökonomisches Risiko“, sagte Niessner. Samuiloff geht davon aus, dass es nicht so weit kommen wird. „Die FED ist stark und schnell und vor allem unabhängig.“
Klug veranlagen
Für viele Anleger stellt sich die Frage, was man tun kann, um sein Geld inflationsbereinigt anzulegen. Samuiloff empfiehlt, verschiedene Assetklassen zu berücksichtigen und die Einbindung von Sachwerten in die persönliche Anlagestrategie zu prüfen. „Es ist entscheidend, den Anlagehorizont und die Risikobereitschaft im Blick zu behalten, um echten Ertrag zu erzielen“, fasst er zusammen. Einsteiger sollten in jedem Fall darauf achten, nur das Geld zu investieren, das man kurz- und mittelfristig nicht benötigt. Am allerwichtigsten ist jedoch ein guter Anlageberater, der auf die individuellen Bedürfnisse der Investoren eingeht und für Transparenz sorgt.
Wie bereits bei den vorangegangenen Ausgaben der Veranstaltungsreihe, waren auch diesmal wieder erfahrene Anlageberater vor Ort, die für Fragen des Publikums zur Verfügung standen. Etwa, wie viel Geld man als Notgroschen zur Verfügung haben sollte.
„Als Faustregel gilt: Mindestens drei Monatsgehälter, um bei dringenden ungeplanten Zahlungen nicht auf das Investment zurückgreifen zu müssen“, sagte Christian Schuller, Geschäftsführer der Top-Ten Wertpapier GmbH und Obmannstellvertreter der Fachgruppe Finanzdienstleister der WKW. „Man braucht als Anleger auch Übung, bei Kursschwankungen kühlen Kopf zu bewahren“, ergänzte Oliver Walla, Geschäftsführer der VLKV GmbH, gewerblicher Vermögensberater und Funktionär der WKW. „Bei langfristigen Investments darf man sich von fallenden Kursen nicht beeindrucken lassen. Im Gegenteil: Wenn die Kurse sinken, ist der optimale Zeitpunkt, zu investieren.“
Gerade in herausfordernden Zeiten ist es wichtig, einen Anlageberater an seiner Seite zu haben, dem man vertraut. Daneben ist Finanzbildung das beste Mittel, um gut informiert in den Aktienmarkt einzutauchen. Mangelt es an Financial Literacy, besteht die Gefahr, dass man beim Sparbuch als einzige Anlageoption hängen bleibt.
Information
„F + Geld verstehen“ ist eine Kooperation von der „Presse“ und der Fachgruppe für Finanzdienstleister der Wirtschaftskammer Wien. Mit finanzieller
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