Die CDU will an diesem Montag auf ihrem Parteitag in Berlin ein Programm mit harten migrationspolitischen Massnahmen beschliessen.
An diesem Montag will die CDU auf ihrem Parteitag in Berlin ein «Sofortprogramm für Wohlstand und Sicherheit» mit insgesamt 15 Massnahmen beschliessen, die sie direkt nach der Regierungsübernahme umsetzen möchte. Dabei geht es gleich an zwei Stellen um die asylpolitischen Massnahmen, die die Bundestagsfraktion von CDU und CSU in der vergangenen Woche in den Bundestag einbrachte – und für die sie auch Stimmen der AfD in Kauf nahm.
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In einem Punkt kündigt die CDU an, sie werde den «Fünf-Punkte-Plan» von Kanzlerkandidat Friedrich Merz umsetzen, zum Beispiel mit dauerhaften Grenzkontrollen, Zurückweisungen an den Grenzen und einem zeitlich unbefristeten Arrest für ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder. Im nächsten Punkt heisst es, man halte am «Zustrombegrenzungsgesetz» fest, mit dem unter anderem der Familiennachzug reduziert und «Begrenzung» als gesetzliches Ziel festgeschrieben soll.
Merz wollte eigentlich einen Wirtschaftswahlkampf führen. Nach der Bluttat eines ausreisepflichtigen Asylbewerbers in Aschaffenburg schwenkte er aber um und rückte die Asylkrise in den Mittelpunkt seiner Kampagne. Der Entschliessungsantrag der Bundestagsfraktion von CDU und CSU zum «Fünf-Punkte-Plan» wurde vergangene Woche von einer Parlamentsmehrheit angenommen, der Antrag zum «Zustrombegrenzungsgesetz» fiel aber durch die Abstimmung.
Generalsekretär Linnemann will keine Minderheitsregierung
Dass beide Anträge nun im Sofortprogramm erwähnt werden, dürfte bei den verbliebenen Anhängern des Kurses der früheren Kanzlerin Angela Merkel für Zündstoff sorgen. Diese sind zwar in der Partei wohl nicht mehr die Mehrheit; die Zustimmung der Parteitagsdelegierten zum «Sofortprogramm» dürfte Merz also sicher sein. Doch sollten CDU und CSU nach der Wahl stärkste Kraft werden, wie es die Umfragen nach wie vor nahelegen, stünde er dennoch vor einem Problem.
Zum einen gibt es die christlichdemokratischen Ministerpräsidenten mehrerer Bundesländer, die mit SPD und Grünen koalieren und sich allein schon deshalb nicht vorbehaltlos hinter Merz’ Kurs stellen. Manche kündigten bereits an, entsprechende Gesetzesvorlagen im Bundesrat zu blockieren, der deutschen Kammer der Bundesländer. Zum anderen ist es völlig offen, mit welchem Koalitionspartner die Christlichdemokraten ihre Forderungen umsetzen könnten. SPD und Grüne sind auf Konfrontationskurs zu Merz, und für ein Bündnis mit der FDP sieht es schlecht aus.
Nicht nur müssen die Liberalen nach wie vor um ihren Wiedereinzug in den Bundestag bangen. Die Partei wirkt auch zerrissen, was ihren eigenen migrationspolitischen Kurs angeht. Bei der Abstimmung im Bundestag am Freitag stimmte rund ein Viertel der Fraktion nicht mit Merz und der Union, darunter prominente «sozialliberale» Köpfe.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte im Podcast von «Table Media», er schliesse sowohl eine Minderheitsregierung als auch eine Koalition der Union mit der AfD aus. Weitere Abstimmungen mit der AfD seien zudem «nicht geplant».
Dabei will Linnemann das Instrument der Zurückweisung illegaler Migranten an der deutschen Grenze zu einem Kernthema der Koalitionsverhandlungen machen. Der im Bundestag mit AfD-Stimmen beschlossene 5-Punkte-Plan sowie das im Plenum gescheiterte «Zustrombegrenzungsgesetz» würden somit zur Bedingung für etwaige Koalitionen. Dass Grüne und Sozialdemokraten dem zustimmen, ist äusserst unwahrscheinlich.
Anschlussfähiger sind die wirtschafts-, sicherheits- und gesellschaftspolitischen Forderungen der Union, zumindest für den moderat linken Flügel innerhalb der SPD rund um den «Seeheimer Kreis». CDU und CSU versprechen die Senkung der Stromsteuer und der Netzentgelte. Sie wollen Überstundenzuschläge steuerfrei machen und die Agrardieselsubventionen für Landwirte wieder vollständig einführen. Ausserdem soll der sexuelle Missbrauch von Kindern durch die Speicherung von IP-Adressen wirksamer bekämpft und frauenfeindliche Gewalttäter mit elektronischen Fussfesseln überwacht werden können.
CDU will Heizungs- und Cannabisgesetz abwickeln
Die Christlichdemokraten wollen schliesslich zwei Gesetze der früheren Koalition aus SPD, Grünen und FDP abwickeln: zum einen das «Heizungsgesetz» des grünen Kanzlerkandidaten und Wirtschaftsministers Robert Habeck, zum anderen die teilweise Legalisierung von Cannabis, die der sozialdemokratische Gesundheitsminister Karl Lauterbach federführend durchsetzte.
Eine prosperierende Wirtschaft und Sicherheit im öffentlichen Raum könne man nur «mit den Menschen und nicht gegen sie» herbeiführen, heisst es im Entwurf des CDU-Sofortprogramms. Nötig sei eine «starke und stabile Regierung». Ob diese unter christlichdemokratischer Führung nach der Bundestagswahl am 23. Februar zustande kommen kann, ist die grosse Frage.