Donald Trump und der britische Premierminister Keir Starmer haben den Abschluss des ersten Handelsabkommens im Zollstreit bestätigt. Es werde laut Trump die Beziehungen zwischen beiden Ländern „auf lange Jahre festigen“. Nun ist China an der Reihe.
Die Ankündigung von Mittwochabend war noch etwas kryptisch gewesen. Am Donnerstag aber war die Katze aus dem Sack: US-Präsident Donald Trump hat den Abschluss eines Handelsabkommens mit Großbritannien bestätigt. Das Vertragswerk sei „vollständig und umfassend“, schrieb er in seinem Onlinedienst Truth Social: Es werde ein „aufregender Tag“ für die zwei Nationen. Am Vormittag Washingtoner Zeit gab er bei einem im Fernsehen live übertragenen Telefonat mit dem britischen Premierminister Keir Starmer die Vereinbarung bekannt.
Trump nannte das Abkommen einen Durchbruch. Es werde keine Bürokratie geben, US-Güter würden bevorzugt durch den britischen Zoll geschleust werden. Starmer lobte die Bedeutung des Abkommens für Tech-Unternehmen. In anschließenden, getrennten Auftritten vor der Presse wurde zunächst bekannt, dass die Zehn-Prozent-Zölle der USA gegen Großbritannien zwar bestehen bleiben sollen. Nach britischen Angaben sollen jedoch die Autoabgaben von 27,5 auf zehn Prozent gesenkt und die Zölle auf Stahl und Aluminium komplett gestrichen werden. Großbritannien senkt seinerseits seine Zölle für US-Waren auf 1,8 von 5,1 Prozent und erleichtere den Zugang für amerikanische Produkte.
US-Fleischexporte nach Großbritannien sollen zunehmen, ohne dass die Lebensmittelsicherheit auf der Insel kompromittiert werde, ein langjähriger Streitpunkt zwischen beiden Ländern. US-Handelsminister Howard Lutnick sagte derweil in Washington, Großbritannien werde Boeing-Flugzeuge im Wert von zehn Milliarden Dollar kaufen. Die konkreten Einzelheiten des gesamten Deals sollen laut Trump jedoch erst in den kommenden Wochen ausgearbeitet werden. Unter anderem aber hieß es, dass das Handelsabkommen zur Schaffung einer Aluminium- und Stahlhandelszone sowie einer sicheren pharmazeutischen Lieferkette führen werde..
Trump und Starmer unter Druck
US-Medien hatten im Vorfeld bereits berichtet, dass es sich bei der Einigung vom Donnerstag lediglich um ein Rahmenabkommen handeln werde.
Der Deal ist der erste von einer ganzen Reihe offener Abkommen mit anderen Ländern, seit Trump Anfang April gegen die meisten Länder pauschale Zölle von zehn Prozent verhängt hat, auch gegen die engsten Verbündeten wie Großbritannien. Insgesamt will er 17 Abkommen mit den wichtigsten Handelspartnern der USA erzielen. Am Donnerstag sagte er explizit, dass er einen Deal mit Europa intendiere.
Trump steht innenpolitisch unter Druck, einen Ausweg aus seinem Plan zu finden, die US-Zölle auf den höchsten Stand seit einem Jahrhundert anzuheben. Laut Umfragen sind viele Amerikaner mit seiner Wirtschaftspolitik unzufrieden.
Aber auch Starmer steht unter Druck, eine Einigung mit Washington zu erzielen, nachdem die Auto- und Stahlindustrie vor „verheerenden“ Auswirkungen der Zölle gewarnt hatte. Für den britischen Premierminister, Sir Keir Starmer ist der Deal mit den USA bereits das zweite Handelsabkommen innerhalb einer Woche, nachdem er am Dienstag ein Abkommen mit Indien geschlossen hat.
Mutmaßlicher Inhalt des Deals
Im Unterschied zu Trumps Erklärung, das Vertragswerk sei „vollständig und umfassend“, waren Beamte des Vereinigten Königreichs laut „Financial Times“ davon ausgegangen, „dass das Abkommen nur einen begrenzten Umfang haben und sich auf die Auto- und Stahlindustrie konzentrieren wird, die von Trumps Handelskrieg am stärksten betroffen sind und auf ihre US-Exporte Zölle in Höhe von 25 Prozent erheben müssen.“ Britische Beamte hätten mit dem Trump-Team im Gespräch auch versucht, künftige US-Zölle auf Produkte wie Pharmazeutika und Luft- und Raumfahrt abzuwenden. Außerdem hätten sie Trump davon zu überzeugen versucht, seinen globalen „Basiszoll“ von zehn Prozent auf das Vereinigte Königreich zu senken, räumten aber ein, dass dies nicht passieren wird, schrieb die „Financial Times“ weiter. Die Beamten meinen jedoch, dass die Einigung vom Donnerstag die Tür für weitere Gespräche öffnen werde.
Laut „Financial Times“ wird erwartet, „dass Großbritannien im Rahmen des Abkommens die Zölle auf US-Importe senkt, wobei eine Senkung des zehn-prozentigen Zolls auf Autoimporte sowie der Abgaben auf Fleisch- und Schalentierprodukte möglich ist. Auch eine Senkung der britischen Steuer auf digitale Dienstleistungen, die US-Tech-Konzerne trifft, ist im Gespräch.“
Die bilaterale Handelsstatistik
Trump und Starmer hatten in den vergangenen Wochen von „produktiven Verhandlungen“ zwischen ihren geschichtlich eng verbundenen Ländern gesprochen. Die USA und Großbritannien hätten eine diplomatische und wirtschaftliche „Sonderbeziehung“.
Der Handel zwischen beiden Volkswirtschaften ist aktuell relativ ausgeglichen – laut Statistik exportierte Großbritannien 2024 Waren im Wert von 59,3 Milliarden Pfund (69,7 Milliarden Euro) in die USA und importierte von dort Waren im Wert von 57,1 Milliarden Euro. Das dürfte beim Abschluss eines Abkommens helfen. Trump will mit seinen hohen Zöllen nach eigenen Angaben das Handelsdefizit der USA mit anderen Staaten senken und Arbeitsplätze zurück ins Land holen.
Gespräche mit vielen Ländern
US-Beamte haben inzwischen Handelsgespräche unter anderem mit Japan, Vietnam, Indien und der EU geführt. US-Finanzminister Scott Bessent wird am Donnerstag zu Gesprächen mit chinesischen Beamten in die Schweiz reisen. Die Spannungen zwischen Washington und Peking haben Befürchtungen über einen schädlichen Rückgang des Handels zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt ausgelöst.
Umfassende Handelsabkommen erfordern in der Regel jahrelange Verhandlungen. Gespräche mit mehreren Ländern konzentrieren sich meist bestenfalls auf Grundsatzvereinbarungen über Verpflichtungen und Absichten. Die vielen Details, die traditionell in umfassenden Handelsabkommen enthalten sind, müssen dann erst später ausgehandelt werden. (APA/AFP/Bloomberg/FT/est)