„Das hier soll ein geschützter Raum sein, in dem Frauen zur Ruhe kommen können“, erklärte Raoul Schaaf, Direktor vom „Comité national de défense sociale“ (CNDS) am Donnerstag bei der Einweihung einer neuen Einrichtung für drogenabhängige Frauen. Und beschrieb damit gleich, worum es in dem vom CNDS verwalteten Haus in Neudorf geht. Zwischen 9 und 16 Uhr (freitags ab 11 Uhr) können Drogenkonsumentinnen dort vorbeikommen, duschen und sich ausruhen. Dabei gewinnen sie Abstand zu den Strapazen ihres Alltags und können ihre Kräfte sammeln. „Manche machen sich dann Gedanken, wie sie ihr Leben anders gestalten können“, so Raoul Schaaf.
Frauen in toxischen Beziehungen haben ihm zufolge dabei die Möglichkeit, einige Stunden ohne den Mann zu verbringen, der sie vielleicht zur Prostitution verleitet. Platz ist in dem dreistöckigen Gebäude mit unter anderem drei Schlafzimmern, einem Wohnzimmer, einer Küche und einem Badezimmer für über zehn Personen. Auf eine genaue Zahl will Raoul Schaaf sich nicht festlegen. Er weist darauf hin, dass die Frauen das von der Gemeinde Luxemburg zur Verfügung gestellte und renovierte Haus zu verschiedenen Uhrzeiten nutzen und nicht alle gleichzeitig da sind.
Im Gesundheitsraum können sie in sicherer Umgebung Drogen konsumieren oder versuchen, die Sucht zu überwinden. „Es ist immer eine Krankenschwester vor Ort“, erklärte Raoul Schaaf. Insgesamt fünf Personen arbeiten laut Schaaf in der Struktur, außerdem ist Therapiehund Henri für die Patientinnen da. In den ersten Wochen seit der Eröffnung im Dezember hat laut dem Verantwortlichen des CNDS noch keine der Frauen darum gebeten, den Raum für das Konsumieren illegaler Substanzen zu nutzen. „Etwa sieben bis zehn verschiedene Frauen sind bisher vorbeigekommen, vier oder fünf davon regelmäßig“, so Schaaf.
In der Nachbarschaft im Neudorf hat das neue Hilfsangebot in den vergangenen Wochen für etwas Aufruhr gesorgt. „Die Einrichtung an sich stört uns nicht. Aber die ‚Santé’ und die Gemeinde Luxemburg haben es nicht hinbekommen, die Leute zu informieren“, berichtete der Präsident vom „Syndicat d’intérêts locaux“ (SIL), Roger Braun. Menschen aus der Umgebung hatten von dem neuen Hilfsangebot gehört und sich mit ihren Sorgen – vor mehr Kriminalität oder einem Wertverfall ihrer Immobilien durch die Präsenz der Einrichtung in der Umgebung – an den Interessenverein gewandt. Um mehr über das Vorhaben zu erfahren, schrieb dessen Verantwortliche im Oktober 2024 einen Brief an die Gesundheitsministerin und erkundigte sich nach dem Standort der neuen Hilfsstätte.
Rund sechs Wochen später antwortete Martin Deprez (CSV) – deren Ministerium das Projekt mit finanziert –, dass die Adresse den Verantwortlichen des Syndikats bei ihrer Einladung zur „Marga“-Eröffnung der mitgeteilt werden würde. Diese solle Anfang 2026 stattfinden, hieß es außerdem Mitte November im dem Tageblatt vorliegenden Schreiben. Tatsächlich fand die offizielle Veranstaltung nun fast ein Jahr früher, nämlich Anfang 2025, statt. „Ein Schreibfehler“, erklärte die Pressestelle des Ministeriums für Gesundheit und soziale Sicherheit zu der Tatsache, die in der Nachbarschaft für Verwirrung gesorgt hatte.
Mangelhafte Kommunikation
Bei der Eröffnung am Donnerstag bestätigte die hauptstädtische Bürgermeisterin, dass die Bevölkerung nicht proaktiv über das Projekt informiert wurde. „Im Gemeinderat haben wir oft darüber gesprochen“, sagte Lydie Polfer (DP) und fragte sich dann aber selbst: „Aber wer sieht sich schon die Sitzungen an?“ Auf die Frage, ob Unsicherheiten in der Bevölkerung durch eine bessere Kommunikation im Voraus hätten vermieden werden können, antwortete sie: „Es gab keine Probleme.“ Im Gegensatz zu den Verantwortlichen des SIL hätten die Gemeinde keine negativen Rückmeldungen erreicht. Diese kritisieren, dass die Menschen „in der Ungewissheit gelassen wurden“, und vermissen Bürgerbeteiligung.
Der Name „Marga“ der neuen Hilfseinrichtung in Neudorf in Luxemburg-Stadt steht für „Mënschen a respektvoll geschützter Atmosphär“ und ist laut dem Ministerium für Gesundheit und soziale Sicherheit gleichzeitig die Kurzform von Marguerite. Der Name wurde in Anlehnung an Marguerite Thomas-Clement gewählt, die 1919 als erste weibliche Abgeordnete in Luxemburg ins Parlament einzog. Dort machte sie sich für die Rechte von Frauen stark.
Dennoch freute sich Raoul Schaaf vom CNDS darüber, die Verantwortlichen des SIL bei der Einweihung der Struktur am Donnerstag begrüßen zu können. Er wies darauf hin, dass man in der Einrichtung für kranke Menschen da sei, und versprach: „Wir werden ein Teil von Ihrem Viertel werden. Falls es je Probleme gibt, wissen Sie ja jetzt, wo Sie uns finden.“ Nach der Besichtigung der Räumlichkeiten sagte die Vizepräsidentin vom SIL, Danielle Castellaneta-Metzeler, „dass es nichts zu meckern gibt“ und man sich über das Angebot für Frauen auf der Straße freue. Aber, so sagte sie: „Wir wurden über nichts informiert.“
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