Das Gespräch des US-Präsidenten mit Schweizer Wirtschaftsvertretern verbreitet Hoffnung in der Schweiz. Nun wird der amerikanische Handelsbeauftragte Jamieson Greer die Zollverhandlungen weiterführen.

Donald Trump weiss derzeit wieder, wo die Schweiz auf der Landkarte ist.
Bild Getty; Bearbeitung NZZ
Der amerikanische Präsident hat viel auf dem Teller. Nahost-Konflikt, China-Problem, Putin-Management, der lateinamerikanische Hinterhof, und, und, und. Die Schweiz und ihr Zollproblem? Unter ferner liefen.
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Und doch scheint die Schweiz zumindest für einen kleinen Moment wieder auf Trumps Landkarte erschienen zu sein. Trump traf sich am Montag mit einer Gruppe von Schweizer Unternehmensvertretern. Diese versuchten dem Vernehmen nach, vor allem drei Dinge zu erklären: die Bedeutung der Schweiz für die USA, die auf technischer Ebene ausgehandelten Vorschläge zur Lösung des Zollkonflikts und die Probleme des zurzeit geltenden US-Sonderzolls von 39 Prozent für viele Importgüter aus der Schweiz.
Und es gibt noch eine zweite gute Nachricht für die Schweiz: Vor zehn Tagen hat das Weisse Haus im Rahmen von Trumps Asienreise eine Handelsvereinbarung mit Kambodscha verkündet: mit einem amerikanischen Zoll von 19 Prozent statt der angedrohten 36 Prozent. Wenn Kambodscha wichtig genug ist für den US-Präsidenten, müsste es doch die Schweiz umso mehr sein – so sagen Schweizer Stimmen. Eine Reise von Trump in die Schweiz, die den Rahmen für die Verkündigung eines Deals zwischen Washington und Bern liefern könnte, ist gut möglich: im Rahmen des Weltwirtschaftsforums in Davos im kommenden Januar.
Lob des Chefs
Das Treffen am Dienstag erschien Trump wichtig genug, um eine Erwähnung in seinem bevorzugten Medienkanal «Truth Social» zu rechtfertigen. «Wir diskutierten viele Themen, und am wichtigsten, den Handel und das Handelsungleichgewicht.» Das Treffen wurde laut Trump beendet mit dem Verständnis, dass der amerikanische Handelsbeauftragte Jamieson Greer die Themen mit den «Leadern der Schweiz» weiter diskutieren werde. Und als letzten Satz: «Ich möchte allen Anwesenden ein Lob für die gute Arbeit aussprechen.»
Den letzten Satz kann man positiv interpretieren – oder als Allerweltssatz sehen, der nichts bedeuten muss. Immerhin ist von Schweizer Seite zu vernehmen, dass man das Treffen als positiv empfunden habe. Vertreter der offiziellen Schweiz waren indes nicht dabei, wie der Bund auf Anfrage sagte. Und dies obwohl Trump in seiner Mitteilung von einem Treffen mit «hochrangigen Vertretern der Schweiz» sprach. Aber das Verständnis für solche Subtilitäten muss man dem amerikanischen Präsidenten, der Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter einst als «Premierministerin» bezeichnet hatte, wirklich nicht zumuten.
Laut Bundesangaben ging es um eine «private Initiative von Unternehmen aus der Schweiz, welche zwar vom Staatssekretariat für Wirtschaft SECO in der Vorbereitung begleitet wurde, aber unabhängig vom Engagement des Bundesrates in dieser Sache stattfindet». Der Bundesrat begrüsse das Engagement der betroffenen Unternehmen. Wirtschaftsminister Guy Parmelin stehe regelmässig in Kontakt mit den zuständigen Stellen in den USA, namentlich auch mit dem Handelsbeauftragten Jamieson Greer.
Die Rede ist von etwa einem halben Dutzend Personen, die am Treffen teilgenommen haben. Darunter befanden sich laut NZZ-Informationen Richemont-Verwaltungsratspräsident Johann Rupert, Rolex-Chef Jean-Frédéric Dufour sowie Partners-Group-Gründer Alfred Gantner.
Laut Bundesangaben liegt es an den entsprechenden Unternehmen zu entscheiden, ob und wie sich dazu kommunizieren wollen. Bestätigt wurde, dass der Sektor Chemie/Pharma am Treffen nicht vertreten war. Schweizer Pharmaexporte sind derzeit von Sonderzoll von 39 Prozent in den USA ausgenommen, doch der Pharmasektor spielt mit seinen Versprechen für Investitionen in den USA eine wichtige Rolle bei der möglichen «Lösung» des Konflikts. Zudem stecken die grossen Pharmakonzerne aus aller Welt im Clinch mit der Regierung Trump wegen ihrer relativ hohen Medikamentenpreise in den USA.
Positive Interpretationen
Doch wie ist nun das Treffen vom Dienstag zu interpretieren? Schweizer Stimmen nennen drei positive Punkte. Erstens: Das Treffen fand statt – was andeute, dass die Schweiz zumindest für den Moment wieder auf Trumps Landkarte gerückt ist. Zweitens: Das Gesprächsklima wurde von beiden Seiten als positiv empfunden. Und drittens: Trump hat öffentlich den Handelsbeauftragten Jamieson Greer als zuständig für die fortlaufenden Gespräche erklärt. Greer gilt in der Schweizer Wahrnehmung als relativ konstruktiver und sachlicher Kopf. Dies namentlich im Vergleich zum Handelsminister Howard Lutnick.
Dem Vernehmen nach ist der Umfang einer möglichen Vereinbarung auf technischer Ebene seit längerem ausgehandelt. Zu den bekannten Stichworten möglicher Schweizer Konzessionen zählen Versprechen über private Investitionen in den USA, Zoll- und sonstige Marktzugangserleichterungen für gewisse Agrarprodukte, Zusicherungen für Käufe von Flüssiggas und eventuell Rüstungsgütern aus den USA, der Verzicht auf eine zusätzliche Digitalsteuer sowie Massnahmen zu Verhinderung von «exzessiven» Goldexporten in die USA. Der seit August geltende amerikanische Sonderzoll von 39 Prozent für viele Importgüter aus der Schweiz würde dann vielleicht auf 15 Prozent fallen, womit die Schweizer Benachteiligung gegenüber der EU wegfiele. Doch auch 15 Prozent wäre noch ein Vielfaches des bis Anfang April geltenden Grundzolls der USA von etwas über 2 Prozent gegenüber vielen Importgütern aus der Schweiz.
Weiter im Nebel
Seit einiger Zeit scheint es vor allem noch darum zu gehen, einen halbwegs günstigen Moment zu finden, um die Eckwerte der Vereinbarung in Washington vorzulegen. Das Treffen mit den Schweizer Unternehmensvertretern und die Aussicht auf einen Schweiz-Besuch von Trump im Januar in Davos mögen Hinweise dafür sein, dass ein solcher günstiger Moment näher gerückt ist. «Ich bin vorsichtig optimistisch», sagt Rahul Sahgal, Geschäftsführer der Handelskammer Schweiz-USA . Aber man hat auch lernen müssen, dass das Wetter rasch ändern kann und Äusserungen von heute zwei Tage später schon Makulatur sind. Sahgal illustriert die Unsicherheiten in seiner Antwort zur Frage, wann es zu einer offiziellen Einigung kommen könnte: «Vielleicht passiert es in den nächsten Wochen, vielleicht im Januar in Davos, vielleicht gar nie.»
Selbst bei einer offiziellen Einigung wäre die Unsicherheit nicht weg. Denn die konkrete Umsetzung könnte noch an vielen Details scheitern. Aus einer gesamtwirtschaftlichen Sicht sind die amerikanischen Sonderzölle ein Ärgernis, aber nicht katastrophal, weil sie laut Bundesschätzung nur etwa 10 Prozent aller Schweizer Exporte betreffen. Aber für betroffene Firmen in Sektoren wie Maschinen- und Uhrenindustrie mit hoher Exponierung in den USA und beschränkten Ausweichmöglichkeiten können diese hohen Zölle sehr schmerzhaft sein.