Die Universitätsleitung will die Zutrittsbedingungen für den Innovationspark verschärfen.
Dient der Innovationspark der ETH Lausanne Terroristen als Drehscheibe? Diese Frage stellt sich bei der Lektüre der Anklageschrift der US-Justiz gegen einen iranischen Post-Doc-Forscher, der seit dem 16. Dezember in Mailand in Auslieferungshaft sitzt. Sein Fall scheint drei Tage später die Verhaftung der italienischen Journalistin Cecilia Sala in Teheran ausgelöst zu haben. Die ETH Lausanne reagiert nun.
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Die Schweiz ist von der internationalen Affäre doppelt betroffen. Zum einen vertritt sie die Interessen der USA in Iran. Zum anderen rückte die Firma Illumove SA ins Rampenlicht – ein vom inhaftierten Iraner gegründetes Start-up mit Sitz auf dem Innovationspark der ETH Lausanne in Ecublens. Die Briefkastenfirma soll dem iranischen Ingenieur laut der US-Justiz als «front company» gedient haben, um die amerikanischen Exportrestriktionen und Sanktionen für den Technologie- und Gütertransfer zu unterlaufen. Im Vordergrund steht Material für den Bau von Drohnen, wie sie am vergangenen 28. Januar von einer proiranischen Miliz bei einem Angriff auf eine US-Militärbasis in Jordanien eingesetzt wurde und drei US-Soldaten tötete.
Die USA haben inzwischen von Italien die Auslieferung des 38-jährigen Iraners gefordert. Seine Anwälte beantragten laut italienischen Medienberichten am Dienstag die Umwandlung der Haft in Hausarrest. Der Umgang Italiens mit dem Iraner – entgegen ersten Medienberichten handelt es sich laut dem Schweizer Aussendepartement EDA nicht um einen schweizerisch-iranischen Doppelbürger – ist eng mit dem Schicksal der in Teheran inhaftierten italienischen Reporterin verbunden.
Als Post-Doc-Forscher Firma gegründet
Die ETH Lausanne wurde von der Affäre überrumpelt. «Wir haben erst nach der Nachricht über die Verhaftung in Mailand von dieser Geschichte erfahren», sagte Emmanuel Barraud, Mediensprecher der ETH Lausanne. Der Iraner habe als Post-Doc-Forscher an der Hochschule gearbeitet und 2019 die Firma gegründet.
Die EPFL habe ihm geholfen, das Unternehmen auf dem Innovationspark anzusiedeln. Dieser biete Startup-Gründern eine Adresse an, bevor sie über eigene Mittel zur Miete von Büro- oder Arbeitsräumen verfügten. Der Iraner verliess die ETH-Lausanne im Jahr 2022, wie der Sprecher weiter sagte. Ein weiterer Iraner, der an der EPFL doktoriert hatte und laut dem Handelsregister bis im Mai 2021 als zeichnungsberechtigte Person bei Illumove figurierte, hat das Unternehmen verlassen.
Auf den Umstand angesprochen, dass Illumove gemäss Handelsregister nach wie vor aktiv ist und mir der Adresse im Innovationspark aufgeführt wird, sagte Barraud, seines Wissens habe der Innovationspark den Mietvertrag mit dem Unternehmen gekündigt oder werde dies in Kürze tun. Die ETH Lausanne hat ein Merkblatt für Forschende, die mir sogenannten Dual-Use-Anwendungen zu tun haben, also mit Technologien, die sowohl zivil wie auch militärisch eingesetzt werden. Darin wird unter anderem auf die einschlägigen Gesetze und Verordnungen verwiesen, die konsultiert werden müssen. Anlass für eine Überwachung oder Kontrolle der Illumove durch die ETH bestehe aber nicht, da man keine Partnerschaft mit dem Unternehmen eingegangen sei, sagte der Sprecher. Das Verfahren zur Teilnahme am Innovationspark werde aber geändert und verschärft, «um solche Situationen in Zukunft zu verhindern».
Wird das Seco aktiv?
Die Schweizer Behörden haben sich bisher nicht bei der ETH Lausanne gemeldet. Es liegt auch kein Rechtshilfegesuch der USA vor, wie es im Bundesamt für Justiz heisst. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), das für die Umsetzung von Sanktionen und den Vollzug des Embargogesetzes zuständig ist, will sich nicht zu Einzelfällen äussern. Sprecher Fabian Maienfisch sagte aber auf Anfrage der NZZ, man stehe in Kontakt mit den zuständigen Behörden in den USA. Und fügte hinzu: «Jeder Verstoss gegen das Embargogesetzt wird konsequent verfolgt.»
Der reputationsschädliche Fall Illumove erinnert an die im vergangenen Oktober intensivierte Kontrolle von Forschenden an der ETH Zürich. Nach Hinweisen von Nachrichtendiensten und Forschungsinstitutionen führte die ETH verstärkte Sicherheitskontrollen für Forschende aus 23 Ländern ein. Darunter ist auch Iran. Nach Auskunft von Barraud ist die ETH Lausanne ebenfalls daran, die Bedingungen für die Zulassung von Studierenden und Forschenden zu überarbeiten. Dies werde ähnlich wie in Zürich geschehen, mit einigen Besonderheiten.