Um sein Image bei der jungen Kundschaft zu verbessern, steigt der Telekomkonzern in die Modebranche ein. Doch es gäbe bessere Wege zu diesem Ziel – gerade für einen staatsnahen Betrieb.
Die Swisscom treibt dieser Tage eine Frage um, die sich viele grosse Konzerne stellen: Wie können wir die jungen Leute, die Generation Z, besser erreichen? Cool und jugendlich sein will jeder – für einen halbstaatlichen Telekomkonzern, der sein Geld mit Breitbandnetzen und Mobilfunkverträgen verdient, ist das jedoch durchaus eine Herausforderung.
Die Swisscom hat daher beschlossen, ihr gewohntes Terrain ganz zu verlassen, und ein Modelabel gegründet. «079» soll eine junge, urbane, modebewusste Zielgruppe ansprechen und dabei helfen, den Telekomkonzern endlich zu entstauben.
Das ist selbst für die Swisscom, die ihre Fühler seit Jahren in alle möglichen Geschäftsfelder ausstreckt, ein gewagter Schritt. Der grösste Schweizer Telekomkonzern betreibt heute Kinos, verkauft Versicherungen und spannt Drohnennetze im Schweizer Luftraum auf. Nun kommen auch noch Jacken, Pullover und Hemden dazu.
Die Konkurrenz wird immer besser
Um es in aller Klarheit zu sagen: Ein bundesnaher Betrieb hat im Modegeschäft nichts verloren. Der Auftrag der Swisscom lautet, allen Bevölkerungskreisen in allen Landesteilen ein Basisangebot an Kommunikationsdiensten zur Verfügung zu stellen. Eine Telekomfirma muss nicht cool sein, sondern Telekomdienste anbieten, und zwar zu einem vernünftigen Preis.
Genau hier besteht bei der Swisscom grosser Nachholbedarf. Sie ist mit Abstand der teuerste unter den drei Schweizer Mobilfunkanbietern, auch beim Breitband ist es für die Kunden ein Einfaches, günstigere Angebote zu finden.
Lange liess sich das mit dem Umstand rechtfertigen, die Swisscom biete eine bessere Abdeckung und einen professionelleren Service. Doch das stimmt längst nicht mehr. In Netztests liegen Salt und Sunrise nur noch knapp hinter der Swisscom, bei manchen Tests überholen sie den Branchenprimus sogar – und das je nach Angebot für die Hälfte des Preises.
So dynamisch, wie sich die Swisscom mit ihrem Modelabel gibt, ist sie in ihrem Kerngeschäft längst nicht. Auch der Glasfaserausbau geht nur schleppend voran, weil sie sich seit Jahren mit der Weko über die richtige Bauweise streitet. Hunderttausende Schweizer Haushalte warten immer noch auf ihren Anschluss. Unterdessen macht die erstarkte Konkurrenz dem «blauen Riesen» die Kunden streitig, vor allem jüngere Kunden wandern in Scharen zu Salt und Sunrise ab.
Ausflüge statt Kerngeschäft
Und was tut die Swisscom? Statt sich auf ihr Kerngeschäft zu fokussieren, leistet sie sich ein weiteres Abenteuer. In Bezug auf «079» betont das Unternehmen zwar, es handele sich nur um eine Marketingaktion und keinesfalls um eine neue Einnahmequelle. Das Label solle zu einer Plattform werden, die jungen Kreativen den Austausch ermögliche. Dennoch zeigt das Beispiel, dass die Kritiker recht haben: Unter der schützenden Hand des Staates, der 51 Prozent der Aktien hält, ist die Swisscom zu einer Werkstatt geworden, in der jeder machen kann, was er will.
Dabei ist es nicht die Aufgabe der Swisscom, aufstrebende Schweizer Designer zu subventionieren und damit den Konkurrenzkampf in der Modebranche weiter anzufeuern. Zu einem staatlichen Telekomkonzern, der den Auftrag hat, die Schweiz mit Netz zu versorgen, passt ein neues Modelabel nicht.
Ohnehin darf bezweifelt werden, dass das Projekt sein Ziel erreichen wird. Das Bild, das die Schweizer von der Swisscom haben, hat sich in ihren Köpfen über Jahrzehnte hinweg gebildet und gefestigt. Millionen Schweizer sind schon ihr ganzes Leben Swisscom-Kunden und werden es wohl auch immer bleiben. Für die jüngere Generation ist die Swisscom daher vor allem eins: der Telefonanbieter ihrer Eltern.
Die Swisscom wäre daher besser beraten, sich auf ihr Kerngeschäft zu fokussieren – und Angebote bereitzustellen, die für junge Handynutzer attraktiv sind. So erreicht man die Generation Z ohnehin am besten.