Ein Skandal um den Teamchef, ein tobender Machtkampf und jede Menge Drohszenarien: Wie es Formel-1-Champion Max Verstappen dennoch geschafft hat, auf Titelkurs zu bleiben.
Der pikante Skandal um Teamchef Christian Horner war nur der Anfang. In einem Jahr mit vielen Negativ-Schlagzeilen um Machtkämpfe, Anfeindungen und sportliche Rückschläge bewahrte Max Verstappen den teilweise erschreckend schwächelnden Branchenführer Red Bull vor dem Totalschaden. Dass er sich an diesem Wochenende tatsächlich zum vierten Mal als Formel-1-Weltmeister krönte und dem Legenden-Status in der Motorsport-Königsklasse wieder einen Schritt näher kam, hat das einen Grund: Verstappen selbst.
„Max Verstappen ist für mich der beste Fahrer der Welt und das hat er auch in den schwierigen Phasen dieser Saison unter Beweis gestellt“, lobte sein oberster Boss, Red-Bull-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff. „Er hat sein Ziel, Weltmeister zu werden, zu keiner Zeit aus den Augen verloren.“
Talent ist das eine, Entschlossenheit formt Weltmeister. „Wenn du auf der Strecke gewinnen willst, wenn du ein Champion sein willst, musst du am Limit sein“, betonte Verstappen am Rande des entscheidenden Großen Preis von Las Vegas, den er auf Platz fünf beendete. Er steht nun wie 2021, 2022 und 2023 als Weltmeister fest.
Mit vier Titeln zieht er mit Sebastian Vettel und Alain Prost gleich. Mehr Titel holten dann nur noch die beiden Rekordchampions Lewis Hamilton und Michael Schumacher (jeweils sieben) und Juan-Manuel Fangio (fünf).
Red-Bull-Machtkampf
Verstappens finale Krönung in Las Vegas war nur noch Formsache. Doch bis dahin stand eine Saison, in der er sich weder auf sein Auto, geschweige denn auf eine harmonische Atmosphäre in seinem Rennstall verlassen konnte. Im Gegenteil: Die Vorwürfe des unangemessenen Verhaltens von einer Mitarbeiterin gegen Horner belasteten Red Bull monatelang.
Mal schien ein Aus von Horner bevorzustehen, befeuert auch durch öffentliche Aussagen von Verstappens Vater Jos. Dann wiederum schien es im internen Machtkampf für Verstappen-Intimus Helmut Marko, 81-jähriger Motorsportberater von Red Bull, eng zu werden. Ein Krisengipfel mit Mintzlaff beendete die Spekulation auch um einen möglichen vorzeitigen Weggang von Verstappen trotz Vertrags bis einschließlich 2028 fürs Erste.
Verstappen ließ sich davon nicht besonders beirren und gewann sieben der ersten zehn Rennen. Doch bei der Weiterentwicklung des Wagens wählte das Team den falschen Weg. Auf einmal blieb Verstappen zehn Grand Prix ohne Sieg. Taktische Fehler kamen hinzu, selbst Paradedisziplinen wie Reifenwechsel machten plötzlich Probleme. Der oft so launig-freche Dialog zwischen Verstappen und seinem Renningenieur Gianpiero Lambiase artete mitunter in gegenseitiges Angiften aus.
Im Mai war zudem der Abgang von Design-Genie Adrian Newey nach dieser Saison bekannt geworden, in der Sommerpause folgte die Mitteilung, dass Sportdirektor Jonathan Wheatley das Red-Bull-Team zum Jahresende verlassen wird.
Verstappen holte auch in der Phase aus dem Auto heraus, was möglich war – und hielt den Punktverlust in Grenzen. Um jeden Zähler kämpfte er mit aller Macht, was im Duell mit dem stärkeren McLaren mit Kumpel Lando Norris nichts anderes wieder zutage brachte als den kompromisslosen Rennfahrer in Max Verstappen.
Am Limit – und auch immer ein bisschen darüber hinaus, ob er dafür bestraft wurde oder nicht. Schon zwei Rennen vor Schluss hat sich dieser Ehrgeiz ein weiteres Mal ausgezahlt, allen Widerständen zum Trotz. „Wenn man sich am Ende einer solchen Saison mit Höhen und Tiefen durchsetzt, dann zeigt das die herausragende Qualität von Max Verstappen und unserem gesamten Team“, betonte Red-Bull-Boss Mintzlaff. (red.)