Am Flughafen Muan im Süden von Südkorea ist es am Sonntagmorgen zu einem tödlichen Flugzeugunglück gekommen. Als Ursache wird ein Vogelschlag vermutet. Aufnahmen legen Probleme mit dem Fahrwerk der Maschine von Jeju Air mit 181 Personen an Bord nahe.
bso. /(Reuters/dpa) Ein Flugzeug mit 175 Passagieren und sechs Flugbegleitern an Bord ist am Sonntagmorgen um 9 Uhr 07 (Ortszeit) auf dem internationalen Flughafen Muan in Süden von Südkorea von der Landebahn abgekommen und gegen eine Mauer geprallt, wie die amtliche Nachrichtenagentur Yonhap berichtete. Die Feuerwehr hat inzwischen den Tod von 120 Personen bestätigt. Man gehe davon aus, dass die meisten Menschen an Bord den Unfall nicht überlebt hätten, sagte ein Vertreter der Feuerwehr weiter. Bereits kurz nach dem Unglück war die Rede von einer «grossen Anzahl von Opfern».
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Wie die amtliche Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf die Feuerwehr berichtete, gab es bei dem Unglück wohl nur zwei Überlebende. Damit würde es sich um eines der schwersten Flugzeugunglücke seit Jahren handeln.
Der Leiter der örtlichen Feuerwehr sagte, bei den zwei aus dem Heckteil der Maschine Geretteten handele es sich um Crewmitglieder – eine Frau und einen Mann. Sie sollen sich mittelschwere bis schwere Verletzungen zugezogen haben. Die südkoreanische Zeitung Chosun «Ilbo» berichtet, dass der Mann 22 Jahre alt sei, die Frau 25 Jahre alt. Beide seien zunächst im Spital von Mopko behandelt worden, doch der Mann soll auf Wunsch seiner Familie nach Seoul transportiert werden.
Laut einem Bericht der südkoreanischen Zeitung «The Korea Herald» hat der männliche Flugbegleiter keine Erinnerung an den Absturz. Er sei im Spital aufgewacht und habe gefragt: «Was ist passiert? Wie kommt es, dass ich hier bin?» Der Mann sagte den Ärzten laut der Zeitung, dass das letzte, woran er sich erinnern könne, das Schliessen des Gurtes gewesen sei. Er habe noch gedacht, das Flugzeug lande ja nun gleich. Der Mann trug Verletzungen an der linken Schulter und am Kopf davon.
Alle inländischen und internationalen Flüge am Flughafen Muan wurden gestrichen, berichtete die Agentur Yonhap.
Am frühen Nachmittag kam der erst seit Freitag amtierende südkoreanische Interimspräsident Choi Sang Mok am Absturzort an, um sich persönlich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen. Er kündigte an, seine Regierung werde alle verfügbaren Ressourcen für die Bewältigung des Absturzes bereitstellen.
In eine Mauer am Meer gerast
Es war angeblich der zweite Landeversuch der Maschine der südkoreanischen Billigfluggesellschaft Jeju Air. Eine Sprecherin des Unternehmens bestätigte, dass es sich um ein Flugzeug vom Typ Boeing 737-800 handele.
Ein Video zeigt, wie die landende Maschine mit grosser Geschwindigkeit über die Landebahn schlittert, in eine Mauer vor der Küste rast und daraufhin in Flammen aufgeht. Dabei ist vom Fahrwerk nichts zu sehen.
BREAKING: Video shows crash of Jeju Air Flight 2216 in South Korea. 181 people on board pic.twitter.com/9rQUC0Yxt8
— BNO News (@BNONews) December 29, 2024
Weitere Aufnahmen zeigen Flammen und riesige dunkle Rauchschwaden über dem Unglücksort. Gegen Mittag teilte die Feuerwehr mit, dass der Brand gelöscht sei.
A Jeju Air passenger aircraft crashed into a wall at an airport in southwestern South Korea on Sunday.
The crash occurred as the jet was returning from Bangkok with 181 people, including crew members, on board.
Read more: https://t.co/PxBEzzTp1E pic.twitter.com/PYJJfON0NI
— Nikkei Asia (@NikkeiAsia) December 29, 2024
Die Untersuchungen über die Ursache des Unglücks laufen. Die Agentur Yonhap berichtete unter Berufung auf die Behörden bereits am Vormittag, dass ein Vogelschlag – also eine Kollision mit einem oder mehreren Vögeln – zu der offensichtlichen Fehlfunktion am Fahrwerk geführt haben könnte. Am Nachmittag wurde bekannt, dass der Tower dem Flugzeug laut dem südkoreanischen Transportministerium in Bezug auf den Vogelschlag eine Warnung geschickt hatte. Ausserdem könnten Wetterbedingungen eine Rolle gespielt haben, wie die örtliche Feuerwehr bekanntgab.
Am frühen Nachmittag nahm der CEO von Jeju Air Stellung: Kim E-bae sagte, die Ursachen seien vorerst unklar. Es habe keine frühzeitigen Anzeichen für mögliche Probleme der Maschine gegeben. Man werde eng mit den Behörden kooperieren, um den Grund für den Absturz herauszufinden. Die verunglückte Maschine verzeichnete laut dem CEO bisher keine Probleme oder Unfälle. In dem kurzen Medien-Briefing sagte Kim weiter, dass die Unterstützung der Hinterbliebenen im Moment oberste Priorität habe.
Die Maschine mit der Flugnummer 7C 2216 kam laut den Angaben gerade aus Bangkok an. An Bord sollen zwei Personen thailändischer Staatsbürgerschaft gewesen sein, die verbleibenden Passagiere stammen angeblich aus Südkorea, wie aus einer Erklärung des südkoreanischen Ministeriums für Transport hervorgeht.
Viele der Todesfälle seien laut einem Vertreter der Feuerwehr darauf zurückzuführen, dass Passagiere infolge des heftigen Aufpralls aus dem Bauch des Flugzeugs gestürzt seien.
Herausforderung für Übergangspräsidenten
Der neue Übergangspräsident Südkoreas, der bisherige Finanzminister Choi Sang Mok, appellierte am Sonntag an die Rettungskräfte, alles zu geben, um Personen aus dem Flugzeug zu retten. Sein Büro berief eine Krisensitzung zum Flugzeugunglück ein. Er selbst brach umgehend zum Absturzort auf, wo er laut Agenturmeldungen am frühen Nachmittag eintraf.
Choi ist erst seit zwei Tagen im Amt, nachdem sein Vorgänger, Interimspräsident Han Duck Soo, des Amtes enthoben wurde. Ihm wird vorgeworfen, die Absetzung des vorherigen Präsidenten Yoon Suk Yeol zu erschweren. Südkorea durchläuft derzeit eine Phase politischer Instabilität und steckt in einer schweren Staatskrise.
Ebenfalls am Sonntag ignorierte Yoon zum dritten Mal in Folge eine Vorladung. Laut der zuständigen Behörde für Korruptionsermittlung sei er nicht wie verlangt in deren Büro südlich der Hauptstadt Seoul erschienen, berichtete die Nachrichtenagentur Yonhap. Damit wird es laut Yonhap wahrscheinlicher, dass die Ermittler einen Haftbefehl beantragen werden, weil Yoon Anfang Dezember mitten im Haushaltsstreit überraschend das Kriegsrecht verhängt und es Stunden später wieder aufgehoben hatte.
Airline bittet um Entschuldigung
Der Flughafen von Muan, an dem sich das schwere Flugzeugunglück am Sonntagmorgen ereignete, war erst 2007 nach zehnjähriger Bauzeit eröffnet worden. Er liegt in der südwestlichen Provinz Jeolla – knapp 300 Kilometer entfernt von der Hauptstadt Seoul. Westliche Fluggesellschaften steuern den Airport nicht an.
Die Fluggesellschaft Jeju Air veröffentlichte am Sonntag im Internet ein Entschuldigungsschreiben. «Wir entschuldigen uns zutiefst bei allen, die von dem Vorfall am Flughafen Muan betroffen sind», schrieb die Airline auf ihrer Webseite. Das Unternehmen bedauere das entstandene Leid und werde alles daransetzen, das Unglück aufzuklären.
Der Flugzeughersteller Boeing sprach den Hinterbliebenen der Verstorbenen Beileid aus. Das Unternehmen sagte, es stehe im Zusammenhang mit dem Absturz in Kontakt mit Jeju Air.